ANDRITZ
Die brasilianische Regierung läßt am Xingu-Fluss das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt mit einer Leistungskapazität von 11.233 Megawatt errichten. Die Pläne für das Mammut-Projekt stammen noch aus der Zeit der Militärdiktatur. Aufgrund der massiven Proteste der betroffenen Völker des Xingu – mehr als 28 indigene Gruppen leben in der Region – zog sich im Jahr 1989 die Weltbank aus dem Projekt zurück, was das vorläufige Aus bedeutete. Doch das Projekt wurde wieder aufgerollt und bedroht nun die Existenz von Zehntausenden, die dort wohnen, sowie einmalige Natur- und Kulturlandschaften. Die finanziellen, ökologischen und sozialen Kosten dafür sind enorm:
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Bereits im Jahr 2009 wurde von einer wissenschaftlichen Expert/innenkommission ein umfassender Bericht zum Umweltgutachten der Umweltbehörde IBAMA, der auf viele unberücksichtigte Probleme hinwies.
Im Jahr 2010 sprach ein Bericht der brasilianischen Menschenrechtsplattform Dhesca von „massiven Menschenrechts-verletzungen“ im Zuge des Genehmigungs-verfahrens für Belo Monte.
Die Interamerikanische Menschenrechts-kommission (IACHR) der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) verlangte 2011 aufgrund der Missachtung von Rechten der indigenen Bevölkerung im Genehmigungs-verfahren einen Baustopp. Im April 2012 wandte sich die IACHR erneut mit Anfragen zu Belo Monte an die brasilianische Regierung.
Im März 2012 gab die Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) öffentlich bekannt, dass der brasilianische Staat durch das Nichtdurchführen von öffentlichen Anhörungen der vom Staudamm Belo Monte betroffenen indigenen Völker gegen die ILO-Konvention 169 verstoßen habe.
In Brasilien sind eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren gegen die Genehmigung von Belo Monte bzw. die Nichterfüllung von Vorbedingungen, unter denen diese vergeben wurde, anhängig.
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Nichtsdestotrotz: Die ANDRITZ AG hat trotz aller Proteste und kritischen Berichte den Auftrag für das Projekt übernommen und hält weiter an dem Projekt fest. „Die Bauarbeiten laufen weiter, es gibt auch einen breiten Konsens in Brasilien, dass das gebaut werden soll“, meint Dr. Wolfgang Leitner gegenüber der Kleinen Zeitung. Das Unternehmen ANDRITZ AG hat auf Anfrage des Netzwerk Soziale Verantwortung zu den o.g. Auswirkungen der Beteiligung am Projekt Belo Monte keine Stellungnahme abgegeben.
Das anteilige Volumen der ANDRITZ AG an den beiden Aufträgen beläuft sich auf jeweils rund 300 Mio. Euro und ist damit der größte Auftrag in der Geschichte des Geschäftsbereichs Hydro. Beim Belo Monte-Projekt seien das rund 5 bis 10 Prozent des Gesamtprojekts, schätzt der Konzernchef. Der Staudamm soll „in einigen Jahren“ in Betrieb gehen, voraussichtlich 2015. Der Geschäftsbereich ANDRITZ Hydro produziert hydraulische Maschinen, also Wasserturbinen, Pumpen und Sekundärtechniken für Kraftwerke.
Hinsichtlich der ökologischen und sozialen Folgen des Belo Monte Projekt gibt sich Dr. Wolfgang Leitner zuversichtlich: „Es gibt Beeinträchtigungen der Bewohner, die gelöst werden“, erklärte er gegenüber der Kleinen Zeitung.
Zeitgleich ist die ANDRITZ HYDRO Mitglied in der Unternehmensplattform respACT und verpflichtet sich im CSR-Leitbild „Erfolg mit Verantwortung“ dazu, die Natur und die Lebensgrundlage der Menschen zu erhalten und erklärt: „Verantwortungsvolles Wirtschaften geht über die Einhaltung von Umweltgesetzen hinaus …“, heißt es da.
Eva Glawischnig, Klubobfrau der Grünen, konstatiert: „Die Beteiligung eines österreichischen Unternehmens an einem Projekt, das weder menschenrechtlich noch in Umweltfragen europäischem Recht entspricht, ist ein „Schandfleck“.“
NeSoVe ist der Meinung, dass es gesellschaftlich unverantwortlich ist, sich an einem Projekt zu beteiligen, dass zigtausende Menschen vertreibt und deren ökosozialen Folgen unüberschaubar sind. NeSoVe fordert die ANDRITZ AG auf, den Auftrag beim Belo Monte-Projekt zurück-zuziehen. NeSoVe ist der Meinung, dass sich die Unternehmensplattform respACT dafür einset-zen muss, dass ANDRITZ HYDRO GmbH aus dem Belo Monte-Projekt aussteigt. NeSoVe fordert den nationalen Gesetzgeber wie auch die Europäische Union dazu auf, Regeln festzusetzen, die Unternehmensverantwortung im Ausland sicherstellen. Es ist nicht hinzunehmen, dass österreichische Unter-nehmen im Ausland Geld mit Projekten verdienen, die Menschen vertreiben und die Umwelt zerstört.