MM Packaging
Mayr-Melnhof Packaging: Betriebsratsrechte sind nicht verhandelbar!
Am 29. März 2012 gibt Mayr-Melnhof Packaging die Schließung der Werksfiliale in Liverpool/ Großbritannien bekannt und entließ damit 109 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mayr-Melnhof Packaging ist Teil der Mayr-Melnhof Gruppe und Europas größter Falt-schachtelproduzent mit 8882 Beschäftigten (Stand 2011).
Nach britischem Recht ist vor Schließung eines Werks eine 90tägige Konsultationsphase mit dem Betriebsrat vorgesehen. MM Packaging hat das Konsultationsrecht nicht eingehalten und erklärt, die Schließung habe ohnehin festgestanden und allfällige Restrukturierungs-maßnahmen seien gescheitert. Im Jahr 2010 hat das Werk in Liverpool noch ein Umsatzplus von 2% auf 73 Millionen Euro und eine Gewinn-steigerung von 53% auf 3,5 Millionen Euro ver-bucht. Insgesamt hat allein MM Packaging im Jahr 2010 einen Umsatz von 1.020,7 Millionen Euro und im Jahr 2011 einen Umsatz von 1.124,9 Millionen Euro gemacht, erklärt das Unternehmen auf Anfrage des Netzwerk Soziale Verantwortung, NeSoVe. Bereits Anfang 2012 hat das Werk 48 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Liverpool entlassen. Als ArbeiterInnen in den Streik traten, reagierte die Unternehmensleitung mit Aussperrungen und entließ 4 MitarbeiterInnen und erklärte dies mit zuvor eingetretenen unerfreulichen Vorkomm-nissen. Am 5. April 2012 forderte der Europäische Betriebsrat eine Anhörung. Am 9. Mai 2012 forderte der Europäische Betriebsrat eine außerordentliche Sitzung. Beide Ansuchen wurden bis zum heutigen Tag nicht beantwortet. Die Sitzungen konnten nicht abgehalten werden.
Dabei schreibt die MM Gruppe in ihrem Unter-nehmenskodex „Wir respektieren die Rechte unserer Mitarbeiter auf Vereinigungsfreiheit. Mit den Arbeitnehmervertretungen wird sowohl auf Standortebene als auch im regionalen Verbund ein langfristig konstruktiver Dialog angestrebt.“
Das Unternehmen Mayr Melnhof Packaging hat auf Anfrage von NeSoVe zu der Werksschließung Liverpool und dem Umgang mit den Betriebsratskörperschaften keine schriftliche Stellungnahme abgegeben.
Die Europäische Wirtschaftslandschaft wird immer mehr durch multinationale Konzerne bestimmt. Daher ist der Europäische Betriebsrat ins Leben und mit gewissen Rechten ausge-stattet worden. Der Europäische Betriebsrat soll bei länderübergreifenden Maßnahmen konsul-tiert werden. MM Packaging hat 2012 dieses Recht im Falle der Werksschließung Liverpool nicht eingehalten. Schlimmer noch: MM Packaging verkündet sogar öffentlich, das Konsultationsrecht sei nicht gewährt worden, weil aus Sicht von MM die Entscheidung über die Schließung des Werks festgestanden hätte. NeSoVe findet es unverantwortlich, wenn verbriefte Rechte der Betriebsräte vom Willen der Unternehmensleitung abhängig gemacht werden. Für NeSoVe sind Unterrichtungs- und Anhörungsrechte des Betriebsrats nicht verhandelbar. Das Verhalten von MM Packaging rund um die Werkschließung Liverpool ist bei dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments anhängig. NeSoVe fordert wirkungsvolle und sanktionierbare Richtlinien zur Gewährung der Rechte des Europäischen Betriebsrats. Dies beinhaltet auch die Anhebung eines möglichen Strafrahmens bei Mißachtung der Anhörungsrechte des Europäischen Betriebsrates gemäß § 207 Arbeits-verfassungsgesetz Österreich mit derzeit max. 40.000 Euro, da so die Wahrnehmung europäischer Betriebsratssitzungen die Kosten möglicher Sanktionen überschreiten kann.